Der Solarmarkt ist einer der wichtigsten Zukunftsmärkte – die von der UN formulierten Klimaziele sorgen dafür, dass Photovoltaik (PV) auch über die kommenden Jahre ein attraktives Feld für Anleger darstellt: Von 2021 bis 2030 müssen laut der internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) Investitionssummen in Höhe von rund 338 Milliarden US-Dollar in die Solarenergie gesteckt werden, um das Ziel, den globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, zu erreichen.


Drängende Fragen zum Solarausbau


Mit dem Erfolg wachsen zugleich die Herausforderungen. Kritiker hinterfragen neben der Ökobilanz auch, ob beispielsweise die nötigen Voraussetzungen gegeben sind, um den Bedarf an Solarenergie zu decken, ob eine Umrüstung wirtschaftlich sinnvoll ist – und wie es mit der Akzeptanz in der Bevölkerung aussieht.


Wir haben bei Karsten Reetz, Geschäftsführer der reconcept GmbH, nachgefragt. reconcept vertreibt bereits seit 1998 grüne Geldanlagen in den Bereichen Solar-, Wind- und Wasserkraft. Der klimaneutrale Asset-Manager betreibt neben der Projektfinanzierung auch Projektentwicklung und verfügt somit über eine breite und tiefe Erfahrung im Bereich der erneuerbaren Energien.


Interview mit Karsten Reetz


Karsten Reetz über den Solarmarkt als ZukunftsmarktFONDS SPEZIAL: Herr Reetz, lohnt sich eine Umrüstung auf Solar auch wirtschaftlich?


Karsten Reetz: Absolut. Solarenergie gehört heute zu den günstigsten Erneuerbare-Energien-Technologien. Dank technologischer Entwicklung sind die die Kosten für Solarmodule bereits jetzt schon deutlich gesunken. IRENA veröffentlicht regelmäßig einen Zehn-Jahresrückblick zu den Gestehungskosten. Danach sind die Kosten in der Photovoltaik zuletzt um 82 Prozent gesunken! Die technologischen Entwicklungen sind heute noch lange nicht abgeschlossen – es ist also damit zu rechnen, dass die Stromentstehungskosten für Photovoltaik künftig noch weiter sinken werden.


Gibt es beim Photovoltaikausbau einen Flächenmangel in Deutschland?


Die Frage ist nicht, ob wir zu wenig Flächen bundesweit für Solarparks haben, sondern wie wir schnellstmöglich das Flächenpotenzial ausschöpfen. Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt und 215 Gigawatt (GW) Photovoltaikleistung installiert sehen. Derzeit haben wir rund 62 GW installiert. Ab sofort müssten somit jedes Jahr 22 GW hinzugebaut werden, um dieses Ziel zu erreichen. Für eine zuverlässige grüne Energieversorgung braucht es daher große Solarparks.


Das neue EEG 2023 ebnet dafür mit größeren Ausschreibungsmengen und höheren Vergütungssätzen für PV-Dach- und Freiflächenanlagen den Weg. Das ist gut so, doch gleichzeitig gelten aktuell noch sehr weitreichende gesetzliche Beschränkungen für mögliche Solarpark-Standorte. Im EEG sind genau definierte Flächenkulissen vorgegeben, in denen PV-Anlagen förderungsfähig sind. Das EEG zählt dazu allein die Realisierung von PV-Freiflächenanlagen auf Verkehrsrandstreifen, Konversionsflächen und ausgewählte benachteiligte Gebiete. Das wird nicht reichen. Wenn wir unsere Ausbau- und Klimaschutzziele erreichen wollen, werden wir um Standorte auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht herumkommen. Agri-Photovoltaik kann hierfür die passende Lösung sein. Also die intelligente Kombination von Landwirtschaft und Photovoltaik.


Wie steht es um die Akzeptanz in der Bevölkerung, in den Gemeinden und Kommunen, deren Einverständnis man braucht, um die geeigneten Flächen für PV-Anlagen nutzen zu können?


Gemeinden steht eine zentrale Rolle bei der Steuerung von Freiflächen-PV zu. Die Planungshoheit für Freiflächenanlagen liegt grundsätzlich bei den Gemeinden. Anders als bei Windparks gilt für Freiflächen-Solarenergie keine Privilegierung nach § 35 BauGB. Es muss daher stets der Flächennutzungsplan geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt werden.


Wir erleben in unseren Gesprächen mit Gemeinden und Bürgern ein großes Interesse an dem Thema und eine grundsätzliche Offenheit für neue Solarparks. Natürlich kann man nicht jeden in einem Ort für die Installation einer Freiflächenanlage gewinnen. Doch die klaren Vorteile für Gemeinden wie Bürger machen Solarparks attraktiv und fördern auch die Akzeptanz für neue PV-Projekte. Zudem haben die steigenden Energiekosten und auch die durch den Ukraine-Krieg offensichtlich gewordene Abhängigkeit von Russland einen starken Einfluss auf die Akzeptanz von erneuerbaren Energien. Eine Umfrage im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) aus Dezember: So sprachen sich 65 Prozent der Befragten für Solarparks in der direkten Umgebung des eigenen Wohnorts aus, 2021 waren es noch sechs Prozent weniger.


Wie können PV-Anlagen Mehrwerte für die Gemeinden, Kommunen, Bürger schaffen?


Photovoltaik-Freiflächenanlagen bzw. deren Betreiber-Gesellschaften sind steuerpflichtige Unternehmen. Gemeinden erhalten somit zuverlässige, jährliche Gewerbesteuer-Einnahmen. Zudem können Gemeinden nach EEG 23 an jeder eingespeisten Kilowattstunde Solarstrom in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde mitverdienen. Da kommen je Solarpark Jahr für Jahr schnell fünf- oder sechsstellige Euro-Beträge zusammen – auf die gesamte Projektlaufzeit gerechnet befinden wir uns im Millionenbereich. Solche Mehreinnahmen können für neue kommunale Projekte eingesetzt werden, für die ansonsten das Gemeindebudget nicht ausreichen würde.


Solarparks verleihen einer Gemeinde zudem eine klimafreundliche Aufstellung. Dieses grüne Image lässt sich erfolgsversprechend in die Standort-Vermarktung einbeziehen. Auch einzelne ortsansässige Firmen können profitieren. reconcept bindet wo immer möglich Unternehmen vor Ort mit ein – beim Bau des Projekts, im laufenden Betrieb, bei der Instandhaltung bis hin zum Rückbau. Und während der Projektumsetzung profitiert zudem das regionale Gastgewerbe.


Sind PV-Anlagen nachhaltig?


Photovoltaik ist nicht nur eine kosteneffiziente Technologie zur Stromerzeugung. Photovoltaik generiert CO2-frei Strom und ist daher eine unverzichtbare Säule der Energiewende und zur Erreichung unserer Klimaziele unverzichtbar. Klimaschutz ist eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt unserer Umwelt und der Artenvielfalt. Ein verstärkter Ausbau der Photovoltaik ist daher auch im Interesse des Natur- und Artenschutzes, für die der Klimawandel zu den größten Bedrohungen zählt. Jede PV-Freiflächenanlage ist natürlich zunächst ein Eingriff in die jeweilige vorhandene Umgebung und Landschaft. Umso wichtiger ist eine naturverträgliche Planung vor Errichtung einer PV-Freiflächenanlage.


Ein gut geplanter Solarpark fördert durch gezielte naturverträgliche Begrünung und Umzäunung durch Hecken und Buschwerk letztendlich die Bodenbeschaffenheit. Insbesondere Flächen, die über lange Zeit intensiv genutzt wurden, können sich durch neue Blühflächen und Gehölzanpflanzungen regenerieren. Die Extensivierung der Bodenbearbeitung führt relativ rasch zu einer Zuwanderung von Insekten und einer steigenden Pflanzenvielfalt. Zudem entstehen neue Brut- und Rastplätze für Vögel – u. a. für inzwischen gefährdete Arten wie die bodenbrütende Feldlerche oder der immer seltener werdende Neuntöter. Auch eine gut gemanagte Schafbeweidung zwischen den Paneelen kann ein Instrument zur Entwicklung der biologischen Vielfalt sein. Ein intakter Boden ist nicht nur von Vorteil für die Pflanzen- und Tierwelt. Er kann auch überschüssiges Regenwasser aufnehmen und angrenzende Flächen vor Hochwasser schützen. Während der Bauarbeiten sind Eingriffe in die Natur zumeist nicht zu vermeiden. Doch auch hier kann vorsorglich agiert werden, beispielweise können Bodenmatten zum Einsatz kommen, um einer Bodenverdichtung durch schwere Fahrzeuge zu verringern.


Herr Reetz, herzlichen Dank für Ihre Antworten!


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